Die Kölnische Rundschau veröffentlichte aktuell einen Beitrag über einen Obdachlosen, der Anfang November auf dem Platz vor St. Ursula tot aufgefunden wurde. In dem Artikel werden zwei andere Fälle genannt wo Menschen, die in Köln auf der Straße leben starben. In dem Zusammenhang zunächst eine Erinnerung an bestehende Hilfen. Die Winterhilfe 2025/26 der Stadt Köln und den Kölner Kältebus (Freunde der Kölner Straßen und ihrer Bewohner e. V.). Zu letzterem der Hinweis das dieser, den Eindruck könnte man haben wenn man den Artikel der Rundschau liest, keinen Fahrdienst anbietet. Ich wandte mich deswegen vor geraumer Zeit an den Verein der ihn betreibt und bekam die Rückmeldung das man zu den Schlafplätzen von Obdachlosen fährt, die Menschen über die Telefonnummer des Kältebus melden, man die Menschen mit dem nötigsten versorgt, versucht diese dazu zu bewegen eine Notschlafstelle aufzusuchen. Wenn die Menschen das wünschen würde man ein Taxi rufen das die Obdachlosen dann zur Notschlafstelle bringt, da der Kältebus wie gesagt keinen Fahrtdienst anbietet.

Was nicht nur die Verwaltung der Stadt Köln und die politischen Gremien, sondern auch wir als Gesellschaft tun müssen, so traurig und unbefriedigend die Situation auch ist? Mit den Menschen reden statt über sie. Vor Jahren war ich zeitweise bei zwei verschiedenen Projekten der Obdachlosenhilfe ehrenamtlich engagiert. Unter anderem dadurch weiß ich das es manchen Menschen genügt wenn sie wissen wo sie Unterstützung bekommen. Manche Menschen brauchen dabei, den ersten Schritt zu gehen, Unterstützung. Bei manchen Menschen bedarf es dazu mehr als eines Gespräch. Man muss sich auch die Gründe anschauen wegen derer Obdachlose bestehende Angebote nicht annehmen. Meiner eigenen und persönlichen Meinung nach sind diese berechtigt und nachvollziehbar. Diese gehen aus dem Streetwork-Abschlussbericht Juni 2018 - Mai 2019 hervor, die seit Anfang 2020 den Mitgliedern der Stadtarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenpolitik vorliegen. Das heißt sowohl der Sozialverwaltung der Stadt Köln, als auch den Ratsfraktionen. Hier muss hinterfragt werden was seitdem konkret aus diesen Erkenntnissen gemacht wurde und wenn nichts, warum. Es wäre ein großer Quantensprung wenn man die Angebote des Hilfesystem danach ausrichtet welche konkreten Bedarfe und Wünsche Obdach- und Wohnungslose haben und nicht daran, was das System, Armutsindustrie und Politik ihnen vorschreiben. Natürlich würde das nicht von heute auf morgen dazu führen das Obdachlosigkeit gänzlich überwunden ist, allerdings das mehr Menschen die Angebote (Übernachtungsmöglichkeiten, Tagesaufenthalte) annehmen.

Wir müssen uns aber auch dessen bewusst sein das wir auch diesen Winter erleben werden das Menschen trotz eines bestehenden Angebot der Obdach- und Wohnungslosenhilfe auf Platte machen. Trotz Übernachtungsmöglichkeiten in Notschlafstellen. Trotz Tagesaufenthaltmöglichkeiten. Trotz verstärktem Streetwork. Vor einigen Jahren begleitete ich Ehrenamtliche der Helping Hands Cologne e. V. auf einem Versorgungsgang vom Hauptbahnhof zum Neumarkt und zurück. Es schneite. Dicke Flocken. Wir trafen zwölf Menschen auf Platte an. Meiner Erinnerung nach waren diesen die Hilfen bekannt, sie nannten allerdings Gründe wonach sie diese nicht in Anspruch nehmen konnten. Dies hat sich mittlerweilen insofern verbessert das es für Obdachlose Unionsbürger*innen aus Osteuropa das ganzjährige Angebot in der Vorgebirgsstraße gibt.

In einem anderen Winter darauf begleitete ich Ehrenamtliche von Care4Cologne e. V. auf einem Gang durch die Innenstadt. An einem der Weihnachtstage. Es war Winter. Es war kalt. Kein Schnee. Als wir zurück am Hauptbahnhof waren fragte ich noch mal in die Runde und habe in Erinnerung das wir etwa 50 Menschen auf Platte antrafen. Da frage ich mich wie kann das sein bei einem Hilfesystem, dass keine Gelegenheit auslässt sich selbst zu beweihräuchern. Von wegen man sei gut aufgestellt beziehungsweise gut gerüstet.

Das die Kölnische Rundschau auch solche Beiträge veröffentlicht finde ich gut. Ich hoffe dass das zu einer weiteren Sensibilisierung der Gesellschaft führt und die letzten Skeptiker*innen von der Notwendigkeit überzeugt mehr bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen.

Was ich persönlich nicht so gut, sprich Scheiße finde ist, dass es am Ende, nach wenigen Tagen wie immer ist. Wenn solche oder ähnliche Beiträge in verschiedenen Medien veröffentlicht werden. Ein Hype, ein Zwang den Menschen die auf der Straße leben zu helfen. Was grundsätzlich natürlich gut ist. Was aber dazu führt das den Rest des Jahres, im Frühling und Sommer Flaute herrscht. Aus Gesprächen mit einzelnen die auf der Straße leben, lebten weiß ich dass das bei ihnen nicht gut ankommt. Im Winter überschüttet zu werden, während man sonst auf sich allein gestellt ist.

Auch wenn der Anlass der Berichterstattung einer hiesigen Tageszeitung ein trauriger ist, stellt sich natürlich am Ende des Tages was sich ändern muss. Dazu einige Ideen, Gedanken, Forderungen.

  • Statt dem Zwang zu verfallen das Rad ständig und schon wieder neu zu erfinden, mit dem arbeiten was man weiß. Beispielsweise den Erkenntnissen aus dem Streetwork-Abschlussbericht. Unter anderem

    • Wo noch nicht gesehen, Umstellung der Belegung in den Unterkünften von Mehr-Bett-Zimmern auf Einzelzimmer.

    • Mehr Unterbringungsangebote für obdachlose Paare und Obdachlose mit Hunden schaffen.

    • Doppelzimmer in Unterkünften für die Unterbringung obdachloser Paare nutzen.

    • Akzeptanz und Unterstützung von alternativen Wohnformen. Selbstorganisierten und -verwalteten Wohnprojekten wie dem am 31. Mai 2023 in der Gummersbacher Straße zwangsgeräumten OMZ (Obdachlose mit Zukunft).

  • Neuregelung der Verweildauer. Einmal aufgenommen sollten die Menschen so lange bleiben können bis sie eine Wohnung haben.

  • Bei den Erstgesprächen bei der Fachstelle Wohnen der Stadt Köln oder den Freien Trägern der Wohlfahrtspflege muss künftig der Wunsch und Bedarf der Menschen im Vordergrund stehen.

    • Einzelunterbringung

    • Unterbringung mit Partner*in

    • Unterbringung mit Hund

  • Schaffung von Transparenz und Einbeziehung aller Akteure der Obdach- und Wohnungslosenhilfe, sprich auch der ehrenamtlich organisierten Gruppen und Vereine, in die Debatten und Entscheidungsfindungen der politischen Gremien und selbstverständlich auch der Obdach- und Wohnungslosen als Expert*innen in eigener Sache. Das heißt unter anderem?

    • Abschaffung der Stadtarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenpolitik und ihrer Untergremien. Debatte in den Gremien die konkrete und verbindliche Beschlüsse fassen. In den Bezirksvertretungen oder im Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Seniorinnen und Senioren.

    • In der Kategorie Ausschüsse und Gremien auf der Homepage der Stadt Köln alle auflisten, die sich vollständig oder in teilweise mit der Überwindung der Obdach- und Wohnungslosigkeit befassen. Diese müssen folgende Angaben enthalten.

      • Rechtliche Grundlage der Arbeit und Zusammensetzung (Gesetze des Landes Nordrhein-Westfalen, der Bundesrepublik Deutschland).

      • Angaben dazu wie man sich als mit Eingaben in die Arbeit einbringen und an Diskussionen und Entscheidungsfindungen teilhaben kann.

Abschließende, eigene und persönliche Bemerkungen

Darin, dass es unterschiedliche Lösungen und Meinungen gibt wie man Obdach- und Wohnungslosigkeit überwinden kann sehe ich weniger ein Problem. Diese sehe ich eher darin das die politischen Gremien weder dazu in der Lage noch Willens sind sachliche Debatten zu führen und ebensolche Entscheidungen zu treffen, wie an anderer Stelle erwähnt unter Beteiligung der Obdach- und Wohnungslosen als Expertinnen und Experten in eigener Sache. Daraus resultierend, Verschwendung von Energie und Zeit für Scheindebatten in Pseudogremien. Statt strukturiert vorzugehen.

Man braucht nicht erneut zu diskutieren was längst bekannt ist - der Mangel an bezahlbarem Wohnraum für alle. Was man tun muss? Erstens, dafür sorgen das mehr bezahlbarer Wohnraum für alle geschaffen wird. Wenn die eigenen Mittel einer Kommune nicht ausreichen, sich um Unterstützung beim Land, beim Bund, bei der Europäischen Union kümmern. Zweitens, selbstverständlich nur als Übergang bis mehr bezahlbarer Wohnraum für alle geschaffen wurde, die Angebote der Obdach- und Wohnungslosenhilfe, sprich der Unterkünfte, so gestalten das die Menschen dort menschenwürdig untergebracht sind, dass sie dort selbstbestimmt leben und frei entscheiden können.

Was wir auch brauchen und was es meiner Meinung nach zumindest in Köln aktuell nicht gibt - Vernetzung. Es gibt verschiedene Akteure die sich zwar für Menschen die auf der Straße leben oder wohnungslos sind einsetzen, es gibt aber keine funktionierende Vernetzung. Ich habe den Eindruck das manche, nicht alle, wenn solche Beiträge, wie der der Kölnischen Rundschau in den Medien sind, zwar den Eindruck erwecken man wolle zusammenarbeiten und sich vernetzen, aber dann doch ihr eigenes Süppchen kochen wenn es darauf ankommt.